Lieblingsbuch 2020 – „Offene See“
Es ist nicht nur mein Lieblingsbuch, sondern wurde auch von den unabhängigen Buchhandlungen zum „Lieblingsbuch 2020“ gewählt. Die Kritiker waren sich einig: Die Poesie des Autors Benjamin Myers verzaubert die Leser.
„Der Roman wird mir allein deswegen schon lange in Erinnerung bleiben, weil er mit der wohl traurigsten und schönsten letzten Seite endet, die ich dieses Jahr gelesen habe.“
Thomas Schindler, ARD MORGENMAGAZIN
Lesen gehört zu mir wie das Atmen. In dem herausfordernden vergangenen Jahr war es Balsam für die Seele. Meine Leseliste war bunt – angefangen bei Thomas Mann über Uwe Timm, Christine Dohler, Sigrind Nunez und Susan Sontag bis zu Thomas Glavinic und vielen mehr.
Kurz vor dem ersten großen Lockdown besuchte ich eine meiner Lieblingsbuchhandlungen. Dort zog mich der Titel „Offene See“ magisch an. Mir geht es ähnlich wie Benjamin Myers, der in seiner Dankesrede anlässlich der Auszeichnung seines Romans „Offene See“ als „Lieblingsbuch der Unabhängigen“ formulierte:
„Buchhandlungen sind meine Kathedralen, meine Kirchen. Ich bin wahrlich kein religiöser Mensch, aber wenn ich es wäre, dann wäre die Literatur und die Poesie meine Religion.“
Um was geht es in „offene See“
Die Geschichte spielt 1946 in England. Robert weiß in jungen Jahren schon, wie sein Leben verlaufen wird. Er wird wie alle Männer seiner Familie Bergarbeiter sein. Aber die Sehnsucht nach dem Meer lässt ihn an die Küste von England aufbrechen.
Auf dieser Wanderschaft stößt er auf das heruntergekommen Cottage von Dulcie, einer eigenwilligen, unkonventionellen Engländerin. Aus einem Nachmittag wird ein längerer Aufenthalt, der sein Leben prägen wird.
Berührende Begegnungen
Bereits nach den ersten zwei Seiten wusste ich: Von diesem Buch werde ich meine Finger nicht mehr lassen können. Egal wo es hinging, war das Buch dabei. Während ich in die englische Küstenlandschaft eintauchte, saß ich oben an einem der Gipfel im Voralpenland und las. Eine herrliche Mischung – ich wandelte den Buchtitel in „offene Berge“ ab.
Das Buch hat mich mit seiner Sprachmelodie tief berührt. Ich spürte den Wind des Meeres, schmeckte sein Salz und sah die moosgrünen Hänge vor meinem inneren Auge, während ich mich in die intensiven Landschaftsbeschreibungen vertiefte.
Dulcie, die eigenwillige ältere Lady, wuchs mir ans Herz. Wie gerne hätte ich mit ihr auf der Bank vor ihrem Cottage eine Tasse Brennesseltee mit Zitrone genossen und ihren Worten gelauscht. Zumindest in meinem Notizbuch ist sie nun mit einem Zitat präsent:
„Dann lass uns das Tagebuch wegwerfen, den Kalender verbrennen, die Uhren zertrümmern und stattdessen so tun, als wäre das Heute unendlich und würde nur durch den dunklen Himmel und den Ruf der Eule unterbrochen. ………… Möge das Heute für immer währen.“
Mein Leseherz war hin und her gerissen. Ich wollte weiterlesen, um immer tiefer in die Geschichte einzutauchen. Zugleich wollte ich Seiten aufsparen, damit ich den Genuss der Lektüre dieses Buches verlängern konnte. Das Großartige an Büchern ist: Man kann sie mehrfach lesen.
Buchempfehlung: „Offene See“ von Benjamin Myres ist bei DuMont erschienen.
Seit vielen Jahren bin ich begeisterte Bloggerin. Auf wohl-ergehen.de stelle ich Euch alles rund um das Wohlfühlen vor. Dazu gehört bei mir die Themen Papier & Stift, Lesen, Wohlfühlorte und Bücherwelten.